BALDRIAN – Fit am Tag, stark für die Nacht

Valeriana officinalis L.
Familie: Geißblattgewächse
Arzneidroge: Valerianae radix (Baldrianwurzel)

Im Lorscher Arzneibuch, dem ältesten schriftlichen Zeugnis der Klostermedizin, das in der Zeit der Karolinger entstand, steht geschrieben: „Allzu viel Schlaf gleicht das Mittel mit Wachen aus, bei übermäßiger Schlaflosigkeit sorgt es für den entsprechenden Schlaf, es befreit von Erschöpfung, nimmt die Trägheit […]

Interessant ist, dass Baldrian tagsüber die Konzentration und Wachheit fördert, z.B. in Stresssituationen oder bei Prüfungsangst. Seine Indikationen sind Konzentrationsschwierigkeiten und Nervosität. Zur Nacht bringt er das Gedankenkarussell zum Stillstehen und wirkt schlafanstoßend. So unterschiedlich das klingt, gemeinsam ist diesen beiden Wirkungsweisen die Erdung und Zentrierung – die Energie des „bei-sich-Bleibens“, so beschreiben es Cornelia Stern und Helga Ell-Beiser in ihrem 680 Seiten dicken Wälzer über Phytotherapie. Wie bei vielen pflanzlichen Mitteln tritt seine Schlafförderung allmählich ein und kommt erst nach fünf bis 14 Tagen zum Tragen. Dann aber sanft und nachhaltig.

Abends eingenommen kann er bei Schlafproblemen unterstützen. Schon in mittelalterlichen Kräuterbüchern ist er als Kräftigungsmittel zu finden, z. B. gegen Erschöpfung durch geistiges Arbeiten: Die Wirkstoffe beeinflussen u. a. die Verstoffwechslung zahlreicher Botenstoffe des Gehirns – darunter auch Dopamin, das u. a. beim Lernen, Denken und Verstehen eine wichtige Rolle spielt.

Baldrian bei Prüfungsangst

Studien legen zudem nahe, dass Baldrian beruhigende und angstlösende Effekte hat. Wer beispielsweise Angst vor einer Prüfung hat oder in Stresssituationen nervös und unruhig ist, kann ein Baldrianpräparat nehmen (Immer in Absprache mit dem Arzt). Interessant ist, dass Baldrian tagsüber zwar beruhigt, aber man sich keine Sorgen machen muss, dass man einschläft, auch wenn der Beipackzettel zur Vorsicht mahnt. Baldrian kann tagsüber sogar aufmunternd wirken.

Was viele nicht wissen und Baldrian deshalb enttäuscht wieder weglegen, da es „nicht gewirkt hat“. Wie schon erwähnt verbessert er den Schlaf meist nicht nach der ersten Einnahme. Oft sind mindestens zwei Wochen nötig, bis sich die Effekte bemerkbar machen. Dafür hat er wie viele pflanzliche Mittel keine Nebenwirkungen – und vor allem: im Gegensatz zu vielen chemischen Schlafmitteln ist man tagsüber nicht müde!

Ein einzelner Wirkstoff, der schlaffördernd wirkt, wurde bei Baldrian nicht gefunden. Man geht davon aus, dass das Zusammenspiel aller Inhaltsstoffe synergistisch wirkt.

Valeriana officinalis, Historische Bildtafel Lindman

Kulturgeschichte des Baldrians

Baldrian taucht auch zusammen mit Bibernelle als geweissagtes Heilmittel in vielen Pestsagen auf: „Esst Bibernellen und Baldrian so geht euch die Pest nicht an“.

Der botanische Gattungsname Valeriana stammt vom lateinischen Wort valens für kräftig. Sein deutscher Name ‚Baldrian‘ ist eventuell volksetymologisch angelehnt an den Namen des nordischen Lichtgottes Balder. Im Volksmund heißt der Gemeine Baldrian auch Katzenkraut, Katzenwurzel,  Stinkwurz, Dammarg, Dreifuß, Mondwurzel, Bullerjan, Tolljan Theriakswurz, Denmark, Dennenmark, Dammark und natürlich auch Hexenkraut, so wie viele zauberhafte Heilpflanzen.

Die Ärzte der europäischen Antike – DioskuridesPlinius und Galen – berichteten über vier Pflanzen mit dem Namen nardus („Indische Narde“ – „Syrische Narde“ – „Keltische Narde“ – „Berg-Narde“) und über eine ähnlich wie diese „Narden“ wirkende Pflanze mit dem Namen „phu“. Wegen ihres Wohlgeruchs waren sie insbesondere als Zutaten zu Salben und als Teil der Theriak-Zubereitungen in Gebrauch. Auch wurde ihnen zugeschrieben, dass sie erwärmend und urintreibend wirken, die Monatsblutung befördern und Seitenstechen beseitigen. Über die Medizin im arabischen und lateinischen Mittelalter erreichte diese Tradition die Ärzte des europäischen Nordens. Pflanzen mit den Namen „Narde“ und „phu“ wurden von den Vätern der Botanik als Echter Baldrian („phu“) oder als zur Gattung Valeriana gehörig („Narde“) gedeutet. Das „phu“ deuteten sie als den gemeinen Baldrian, wobei Hieronymus Bock (1539) zwischen einem großen Baldrian (Valeriana phu L.) und einem gemeinen, kleinen Baldrian (Valeriana officinalis L.) unterschied. Bock erwähnte auch noch Valeriana dioica L. als kleinste Baldrian-Art. Quelle: wikipedia.

Botanisches

Echter Baldrian, auch Arzneibaldrian oder Großer Baldrian (Valeriana officinalis), oft auch nur Baldrian genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Baldriane (Valeriana) innerhalb der Familie der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae). Nahe Verwandte vom Echten Baldrian sind der Echte Speik und der Weidenblättrige Baldrian.

Er wächst bei uns nahezu überall, häufig an Gewässern oder auf feuchten Böden, und es gibt unzählige Arten dieses Helfers. Der Echte Baldrian kommt in weiten Teilen Europas (außer Portugal) und Westasien vor. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich weiter ostwärts bis Sibirien und Russlands Fernem Osten, Korea, China, Taiwan und Japan.

Baldrian ist frostbeständig und gedeiht in Sonne oder Halbschatten in fast jedem Boden. Als Feuchtbodenpflanze verträgt er auch gelegentliche Überschwemmungen und kommt daher in der freien Natur häufig auf Wiesen entlang von Gewässerläufen vor.

Baldrian und Feldsalat – eng verwandt und doch ganz anders Interessant ist, dass der Baldrian, diese allseits als Schlafmittel bekannte, Katzen ins Delirium sendende Heilpflanze mit dem Feldsalat verwandt ist. Sie gehört wie dieser zur Familie der Valerianaceaen, der Baldriangewächse. Ich musste gleich mal nachschauen, ob der Feldsalat vielleicht auch beruhigende Eigenschaften hat? Schließlich ist es nicht so ungewöhnlich, dass unsere Nahrungspflanzen auch Heilpflanzen sein können - man denke nur an Tomaten, Chili, Karotten, Kraut und Kohl, sowie viele Kräuter und Gewürze. Im Feldsalat sind zwar viele bioaktive Stoffe enthalten, wie Vitamin C, Carotinoide, Phenole, Folsäure, Sterine und Omega-3-Fettsäuren. Doch von den berühmten Inhaltsstoffen, u.a. den Valepotriaten oder Lignanen des Baldrians sind bei ihm keine erwähnt. Im Baldrian befinden sich diese ja vornehmlich in der Wurzel. Doch das frische Grün des Baldrians, die gefiederten und gezähnten Blättchen, erinnern an Feldsalat und können so wie sein Verwandter der Feldsalat (Valerianella spec. – Kleiner Baldrian) in Salaten mitgegessen werden. In den Blättchen befinden sich jedoch kaum „beruhigende“ Inhaltsstoffe, die sind hauptsächlich in der Baldrianwurzel zu finden. Die Blüten sollen ebenfalls genießbar sein, habe ich jedoch noch nicht probiert. Manche mögen den süßlichen anemonenartigen Duft, ich finde ihn seltsam.

Die Wurzel des Baldrian

Unterirdisch verfügt der Baldrian über ein weit verzweigtes Rhizom, über das er sich vegetativ über Ausläufer vermehren kann. Wenn man die Wurzel trocknet, strömt der typische Baldriangeruch aus. Ein balsamisch, feucht-erdiger Geruch, den vor allem Katzen anziehend finden. Manche Menschen empfinden ihn als ranzigen Geruch wie alter Käse. Andere dagegen empfinden ihn nicht als abstoßend. Er ist so durchdringend, dass die Legende überliefert, der Rattenfänger von Hameln habe Baldrian bei sich getragen, um die Ratten anzulocken. Und doch wird Baldrian auch in der Parfümindustrie eingesetzt – es können damit moschusähnlich-holzige, balsamische Gerüche erzielt werden.

In der Phytotherapie

VALERIANAE RADIX (Ph. Eur.)

Als pharmazeutische Droge dienen die getrockneten unterirdischen Pflanzenteile. Die Baldrianwurzel (Valerianae radix oder Radix Valerianae) ist eines der bekanntesten pflanzlichen Beruhigungsmittel. Nachgesagt wird ihr unter anderem eine Wirksamkeit bei Unruhe- und Angstzuständen, Schlafstörungen, nervös bedingten Herzbeschwerden und krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich. Am häufigsten kommt der Arznei-Baldrian als Trockenextrakt zum Einsatz. 

INHALTS- und WIRKSTOFFE

Baldrian enthält unter anderem ätherisches Öl (neben Valerensäure unter anderem auch die Isovaleriansäure, die für den charakteristischen Geruch des Wurzelstocks verantwortlich ist), Valepotriate und Alkaloide. Das Flavonoid Linarin hat sedierende Wirkung und ist mit für die Hauptwirkung auf den Menschen verantwortlich. Das Alkaloid Actinidin ist der Grund, weshalb Baldrian ein Lockstoff für Katzen ist, ähnlich wie Katzenminze. 

Die Wirkstoffe sind je nach Herkunft unterschiedlich zusammengesetzte ätherische Öle mit Bornylacetat und Bornylisovalerianat als Hauptkomponenten. Diese sind auch verantwortlich für den typischen Baldriangeruch, der beim Trocknen der Droge auftritt. Weil dieser Geruch dem Lockduft läufiger Katzen ähnelt, werden Kater davon angelockt. 

Weitere Inhaltsstoffe sind Valeranon, Caryophyllen, Camphen und weitere Mono- und Sesquiterpene, Sesquiterpencarbonsäuren wie die Valerensäuren, Valepotriate (Iridoide) mit Valtrat und Isovaltrat. Wegen der Instabilität dieser Verbindungen sind in Extrakten und Tinkturen z. T. nur deren Abbauprodukte, die sogenannten Baldrinale, nachweisbar. Auch Aminosäuren und in geringer Menge Lignane und Pyridinalkaloide wurden als Inhaltsstoffe gefunden. (wikipedia)

Bestandteile des Arzneimittels

Als Arznei wirksam sind die Baldrian-Wurzeln. Sie bestehen unter anderem aus ätherischem Öl, das sich aus Monoterpenen wie Borneol und Kampfer, sowie Sesquiterpenen wie ß-Bisabolen zusammensetzt. Daneben sind Iridoide enthalten, die sogenannten Valepotriate, vor allem der Inhaltsstoff Valtrat und dessen Abbauprodukt Baldrinal. Isovaleriansäure ist für den charakteristischen Geruch verantwortlich. In geringen Mengen finden sich auch Lignane in den Wurzeln. (Quelle: Apotheken.Umschau)

Wirkungen der Inhaltsstoffe

Das Zusammenspiel verschiedener Inhaltsstoffe ist für die bekannten Effekte des Baldrians verantwortlich. Laborexperimente zeigen, dass die wirksamen Substanzen mit speziellen Botenstoffen und schlaffördernden Substanzen im Gehirn interagieren. Baldrian scheint sich auf diese Weise positiv auf den Schlaf auszuwirken. Auszüge aus der Pflanze erleichtern das Einschlafen und verbessern wohl auch das Durchschlafvermögen. Besonders bei leichten Schlafstörungen gehört Baldrian zu den beliebtesten pflanzlichen Mitteln. Häufig wird er mit ähnlich wirkenden Heilkräutern kombiniert, etwa Melisse, Passionsblume oder Hopfen. (Apotheken Umschau)

Aus der Forschung: Vergleichbar wie Adenosin fördern die Lignane den Schlaf, sie wirken wie ein pflanzliches Adenosin.

Die geschilderten Heilwirkungen konnten bisher keiner Einzelsubstanz zugeordnet werden, so dass für die Heilwirkung das Zusammenspiel mehrerer Wirkstoffgruppen angenommen werden muss. Sie wirken synergistisch. Hinweise deuten darauf hin, dass die Lignane für die schlaffördernde Wirkung des Baldrians mitverantwortlich sind. Diese auch als Schlaflignane bezeichneten biochemischen Olivilverbindungen setzen an den gleichen Rezeptoren im Gehirn (Adenosin-A1-Rezeptoren) an wie das körpereigene Adenosin.

In vielen Fertigarzneimitteln wird die Baldrianwurzel auch mit anderen getrockneten Pflanzeneilen (in der Fachsprache „Drogen“ genannt) kombiniert, für die eine beruhigende Wirkung vermutet wird z. B. mit HopfenMelissePassionsblume (offizinell ist Passiflora incarnata), Frauenmantel und Wacholderbeere. Bei der Kombination von Baldrian mit Hopfen ergänzen sich die schlaffördernden Wirkungen ähnlich der körpereigenen Schlafregulatoren Adenosin und Melatonin, denn Hopfen zeigt eine ähnliche Wirkung wie das körpereigene schlafinduzierende Melatonin.

LITERATURVERZEICHNIS & QUELLEN

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(c) Ute Mangold / wiesengenuss 2023. Alle Bilder und Texte sind urheberrechtlich geschützt.

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