WALD – ‚Shinrin Yoku‘ auch Waldbaden genannt

Kennst du das? Hektischer Alltag. Verzettelung. Überstunden. Die Familie versorgen. Stress überall – und dann war da auch noch Corona. Abgrenzung war kaum mehr möglich. Auch, wenn du weißt wie es geht. Eigentlich. Die Türe schließen. Meditation, Yoga, Achtsamkeitsübungen…. doch das Gehirn gibt keine Ruhe. Ein Hamsterrad, das nicht mehr aufhört. In der Stille wird es immer lauter. Dunkle Gedanken kreisen. Stopp!

Ruhe. Denk an den Wald. Stille. Blätterrauschen. Das Grün der Blätter. Stell es dir vor. Allein die Farbe Grün kann schon etwas bei dir auslösen. Spürst du was?

Wenn möglich, geh in den Wald oder in einen Park. Heute noch. Dieser Duft! Die Farben des Herbstes. Der Geruch des modrigen Waldbodens. Feuchtes Moos. Die Rinde der Bäume. Ätherische Öle, Tannengeruch, Fichtennadelduft. Aromen überall. Duftstoffe. Schon mal von den heilsamen Terpenen gehört? Sie wirken positiv auf den Parasympathikus und beruhigen. Und als Nebeneffekt stimulieren sie das Immunsystem.

Sehen, Riechen, Hören, Fühlen – und auch Schmecken. Wecke all deine Sinne. Komm mit mir in den Wald.  Du wirst sehen es wirkt Wunder und das geht sogar virtuell. Allein der Anblick eines Waldes oder dieses Baumes löst etwas bei dir aus

Waldbaden – Shinrin yoku

Shinrin Yoku – so heißt die Naturheilmethode aus Japan, die nun auch immer mehr in Europa praktiziert wird. Beim „Waldbaden“ geht es darum, Stress abzubauen, die Gedanken abzuschalten und völlig in die einzigartige Atmosphäre des Waldes einzutauchen. Folge mir in den Wald. Atme seinen wunderbaren Duft und entspanne dich im Grün der Bäume und Kräuter. Ein Genuss mit allen Sinnen.

Wenn du Zeit hast, gehe eine halbe Stunde in den Wald. Wenn du keine Zeit hast, gehe eine Stunde in den Wald.

Der Wald macht den Menschen gesund und das ganz von allein. Das Rauschen der Blätter, die Duftstoffe der Bäume, Vogelgesang und Bachgeplätscher heilen den Menschen und stärken seine Gesundheit. Schon ein paar Minuten im Wald sind so gesund, dass sich der Blutdruck senkt, die Muskeln entspannen. Stress und Erschöpfung fallen von uns ab und die positiven Gefühle rücken in den Vordergrund. Und wer sich dreimal pro Woche im Wald oder Park entspannt, reduziert messbar seinen Stress. Und das ist auch noch wissenschaftlich erwiesen.

Waldbaden – Terpene, der Duft des Waldes

Waldluft ist gut für das Immunsystem, das haben japanische Forscher herausgefunden. Waldluft enthält Stoffe, die wir als typischen Duft des Waldes wahrnehmen. Wir verbinden ihn mit Moos, Fichtennadeln, Pilze, Waldboden – mit Ruhe, Spaziergang und frische Luft. Die Duftstoffe werden auch ‚Terpene‘ genannt. Leicht flüchtige ätherische Öle, wie man sie aus Fichten- und Tannennadeln kennt. Das Einatmen der Waldluft wirkt wie ein Heiltrunk. Das durfte ich in der Schwarzwaldklinik bei einer mehrwöchigen Körper-Seele-Kur selbst erfahren und intensiv spüren. Das war gut so – denn als Biologin glaube ich nicht immer alles, was ich so lese. Ich muss es für mich selber erforschen. Und so machte ich mich auf die Suche nach den Wunderstoffen, die den Waldaufenthalt so wirksam machen.

Waldbaden – Das Immunsystem und die Killerzellen

Neuerdings werden sie sogar als „Anti-Krebs-Terpene“ bezeichnet, denn bei Testpersonen hatten sie eine immunstimulierende Wirkung. Läuft das Immunsystem auf Hochtouren können die Killerzellen auch Krebszellen abtöten. Bereits ein einziger Tag in einem Waldgebiet steigert die Zahl der natürlichen Killerzellen im Blut um fast 40 Prozent. Wer zwei Tage hintereinander im Wald verbringt, steigert die Anzahl seiner natürlichen Killerzellen im Blut durchschnittlich um mehr als fünfzig Prozent. Wer nur einen Tag im Wald verbringt, hat für sieben Tage mehr natürliche Killerzellen im Blut als sonst.

Wald und Kräuter bei Siefersheim in Rheinhessen. Siefersheimer Kräuterhexen. Bild von Rachel Wirt, Fotografie

Es lebe der Sonntagsspaziergang! Im Wald, wo sonst. Und wer einen kleinen Waldurlaub von zwei bis drei Tagen verbringt, dessen Anteil der Killerzellen bleibt sogar für einen ganzen Monat erhöht. Dazu steigt deren Leistung noch durch die Waldtherapie! Das haben die japanischen Forscher herausgefunden.

Waldbaden – Der Waldspaziergang

Bei einem Waldspaziergang atmen wir Stoffe ein, mit denen Pflanzen untereinander Botschaften austauschen – sogenannte Terpene. Sie stärken unser Immunsystem. Für eine Studie der Nippon Medical School in Tokio quartierten die Forscher zwölf Testpersonen in einem Hotel ein. Bei der einen Hälfte wurde die Atemluft in der Nacht mit einem Mix aus Waldluft angereichert. Am nächsten Tag wiesen die Blutproben genau dieser Teilnehmer eine deutlich höhere Zahl und Aktivität der körpereigenen Killerzellen auf. Für Studienleiter Professor Qing Li eine bahnbrechende Erkenntnis. „Mein Experiment hat gezeigt, dass die Terpene Immunzellen wie die natürlichen Killerzellen stimulieren, und das verstärkt die Wirkung der Immunfunktion“, sagt er. Der Pionier der Waldmedizin hofft, dass sich mit der Kraft der Bäume vielleicht sogar Krebserkrankungen verhindern lassen. „Vielleicht können Ärzte in Zukunft den Wald als Medizin verschreiben“, sagt er.

Schon der Anblick des Waldes genügt, damit der Puls sich verlangsamt und die Konzentration des Stresshormons Cortisol abnimmt, haben die Mediziner J. Lee und Bum-Yin Park bei Probanden in mehreren Feldstudien in japanischen Wäldern gemessen. „In unseren Feldstudien haben wir bewiesen, dass die Cortisol-Konzentration deutlich niedriger ist bei den Probanden, die einer Waldumgebung ausgesetzt sind als bei denen in einer städtischen Umgebung“, schreibt Bum-Yin Park, Wissenschaftler am Center for Environment, Health and Field Sciences der Universität Chiba in Japan. 

„Die Wirkung des Shinrin-yoku ist komplex und besteht aus allen Elementen, die mit den Sinnen erfasst werden können“, schreibt Park

Park hat Probanden in unterschiedlichen Regionen Japans in Laub- und Nadelwälder geschickt, darunter auch in Naturwälder und einen alten Buchenwald. Die Testteilnehmer sind spazieren gegangen, haben im Wald gesessen, in den Wald geschaut und gehorcht. Shinrin-yoku, Waldbaden, nennen die Japaner das tiefe Eintauchen in den Wald, das eine der beliebtesten Therapieformen in Japan ist. „Die Wirkung des Shinrin-yoku ist komplex und besteht aus allen Elementen, die mit den Sinnen erfasst werden können“, schreibt Park.

Zurück zu den Terpenen

Zu den Sinneseindrücken zählen Park und seine Kollegen auch die pflanzlichen Duftstoffe, mit denen Pflanzen untereinander und mit Tieren kommunizieren. Zu den Duftstoffen gehören mehrere Tausend Stoffe, so auch die schon erwähnten Terpene

Terpene sind flüchtige organische Substanzen, die seit dem Altertum aus zahlreichen Pflanzen, wie z.B. Eukalyptus, Pfefferminz, Lemongras, Zitronenbaum, Thymian, gewonnen werden. Bekannte Terpene sind z.B. Menthol oder Limonen, das z.B. auch in den Schalen von Zitronen vorkommt.

Bäume verströmen Terpene, um nützliche Insekten auf Schädlingsbefall aufmerksam zu machen. Oder um andere Bäume zu warnen, ihre chemischen Schutzmechanismen hochzufahren, wenn Fressfeinde in ihrer Umgebung sind. [mehr dazu…]

Die Farbe Grün und ihre Wirkung auf uns

„Wir verbinden mit Grün häufig Glück, Hoffnung und Zufriedenheit. Auf die Psyche wirkt Grün erholsam und ausgleichend und es soll Körper und Geist in Einklang bringen. Da Grün die Farbe der Natur ist, wirkt es auf das menschliche Auge besonders entspannend.“

Für uns Menschen ist es wichtig, dass unsere Sinne umfassend angesprochen werden. Genau das bietet der Wald: Riechen, Fühlen, Hören, Sehen und Schmecken. Wir riechen die Tannennadeln, das Holz, die Erde. Wir spüren die wohltemperierte Luftfeuchtigkeit. Wir lauschen dem Vogelgesang, dem Rascheln der Blätter und dem Rauschen des Windes. Wir sehen viel Grün, das Licht ist angenehm gedämmt und blendet nicht. Wer will, kann die Baumrinde und die frische Erde ertasten und von Waldbeeren naschen. Der Wald ist eine urvertraute Umgebung. Das entspannt und aktiviert den Teil des Nervensystems, der für Erholung zuständig ist: den Parasympathikus.

„Die vielfältigen Sinneseindrücke, wie das Zwitschern der Vögel und der Geruch von Tannennadeln, stimulieren die Aktivität des Parasympatikus“, so der Biologe Clemens Arvay. „Das ist ein wichtiger Teil unseres Nervensystems, der für Erholung und Regeneration bis auf Zellebene verantwortlich ist.“ Es sei bekannt, dass im hektischen Stadtleben der Gegenspieler des Parasympathikus, der Sympathikus, sehr aktiv ist. „Und deswegen brauchen gerade wir modernen Menschen diesen Wald als Ausgleich.“

Am stärksten wirkt sich der Wald auf die Psyche aus. Das seelische Wohlbefinden, die Stimmung und die Schlafqualität steigen, Angstgefühle werden weniger. Diese Wirkung ist umso stärker, je größer die seelische Belastung ist. Eine Rolle spielt dabei auch die Farbe Grün, die eine beruhigende Wirkung hat.

Eine der frühesten Studien zur gesundheitlichen Wirkung des Waldes erschien schon 1984 im Wissenschaftsmagazin „Science“. Demnach wirkt allein der Anblick von Bäumen messbar positiv. Patienten, die nach einer OP aus dem Krankenhausfenster ins Grüne schauten, wurden schneller gesund als die, die nur auf eine Hausmauer sahen. Die Patienten mit Baumblick benötigten auch weniger Schmerzmittel. 

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine große Studie des Umweltpsychologen Marc Berman 2015 an der Universität Chicago: Je weniger Bäume in einer Wohngegend stehen, desto höher das Risiko für typische Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Schwäche, Bluthochdruck oder Diabetes. Ein Waldspaziergang wirkt beruhigend. Britische Forscher wiesen zudem nach, dass Bewegung im Wald auch die Stimmung hebt und Stress abbaut.

Innere Ruhe, die vom Himmel fällt 

„Regen produziert ein Geräusch, das dem weißen Rauschen gleicht – Frequenzen, die unsere Sinneswahrnehmungen herunterfahren, uns entspannen und sogar Schlaf- und Erinnerungsvermögen verbessern können (hilft auch, Babys zu beruhigen). Die Gleichmäßigkeit der Regentropfen vermittelt unserem Körper ein Gefühl der Sicherheit.“ Quelle: carpe diem.

„Nichts kann einem die Tür zu sich selber besser öffnen als ein Spaziergang durch schlechtes Wetter“

Mark Twain

Wasser, Kräuter, Bewegung und innnere Balance

Die Lehre des Sebastian Kneipp vereint die fünf Säulen Innere Balance, Genuss, Kräuter, Bewegung, und Wasser zu einem ganzheitlichen Ansatz für gesundes Leben. Die Rückbesinnung auf die Kraft der Natur, auf die Wirksamkeit von Wasser und Heilpflanzen und Bewusste Lebensführung ist heute so aktuell wie nie. Quelle: Kneipp.com / Wissen

“Alles, was wir brauchen, um gesund zu bleiben, hat uns die Natur reichlich geschenkt.“ Sebastian Kneipp

Kneippkuren gehören zu den wohl bekanntesten Wasseranwendungen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Kneipp-Kur nach Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897) salonfähig. Kneipp fand heraus, dass das Gehen in eiskaltem Wasser die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert und dadurch das Immunsystem gestärkt wird. Hierfür verfügen die staatlich anerkannten Kneippkurorte über Einrichtungen für Anwendungen wie kalte und heiße Güsse, Wechselbäder, Waschungen, Taulaufen oder Wassertreten. Außerdem liegen Schwerpunkte auf dem seelischen Ausgleich, Kräuteranwendungen, Bewegungsanreize und einer optimierten Ernährung. (Quelle: Heilbäder-BW.de)

In diesem Sinne, wünsche ich euch eine wundervolle Erholung beim Spaziergang in der frischen Luft. Bei Regen, Schnee und Schietwetter. Egal, es ist immer schön im Wald.

Quellen & Links


Terra X „Unsere Wälder“

ZDF DOKU Terra X – UNSERE WÄLDER (1/3) DIE SPRACHE DER BÄUME